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Vorwort

Git wurde Anfang 2005 von Linus Torvalds, dem Initiator und heutigen Maintainer des Linux-Kernels, entwickelt. Für die Verwaltung der Kernel-Quellen hatte sich das Entwickler-Team zunächst für das kommerzielle Versionsverwaltungssystem 'BitKeeper' entschieden. Probleme traten auf, als die Firma hinter BitKeeper, die das Tool dem Projekt kostenfrei zur Verfügung stellte, einen Entwickler beschuldigte, die Mechanismen der Software durch 'Reverse Engineering' offenzulegen. Daraufhin beschloss Torvalds, ein neues Versionskontrollsystem zu schreiben.

Der bloße Umstieg auf ein anderes System bot sich nicht an: Die Alternativen hatten eine zentralistische Architektur und skalierten nicht gut genug. Die Anforderungen des Kernel-Projekts an ein Versionskontrollsystem sind allerdings auch gewaltig: Zwischen einem kleinen Versionssprung (z.B. 2.6.35 nach 2.6.36) liegen über 500000 geänderte Zeilen in knapp 1000 Dateien. Verantwortlich dafür sind über 1000 Einzelpersonen.

Welche also waren die 'Design Goals' des neuen Programms? Zwei Eigenschaften kristallisierten sich rasch als Design-Ziele heraus: Schnelligkeit bzw. Performance und überprüfbare Integrität der verwalteten Daten.

Nach nur wenigen Wochen Arbeit war eine erste Version von Git in der Lage, den eigenen Quellcode zu verwalten. Als kleine Shell-Script-Sammlung mit performance-kritischen Teilen in C implementiert war die Version von einem ``ausgewachsenen'' Versionskontrollsystem jedoch noch weit entfernt.

Seit Version 1.5 (Februar 2007) bietet Git ein neues und aufgeräumteres Nutzer-Interface sowie umfangreiche Dokumentation, was auch Leuten die Benutzung erlaubt, die nicht unmittelbar in die Entwicklung von Git involviert sind.

Die Grundkonzepte sind bis in aktuelle Versionen dieselben geblieben: Allen voran das Objektmodell und der Index, wesentliche Merkmale, die Git von anderen VCS unterscheidet. Die Unix-Philosophie `Ein Tool, ein Job'' findet sich auch hier konsequent umgesetzt; die Subkommandos von Git sind jeweils eigenständige, ausführbare Programme oder Scripte. Auch in der 2.0er-Version sind noch (wie zu Beginn der Entwicklung) einige Subkommandos mit Shell-Scripten implementiert (z.B. `git pull).

Linus Torvalds selbst programmiert heute kaum noch an Git; wenige Monate nach dem ersten Release hat Junio C. Hamano die Aufgabe des Maintainers übernommen.

Nicht nur der revolutionäre Ansatz von Git, auch die Tatsache, dass die gesamte Kernel-Entwicklung schnell und erfolgreich nach Git migriert wurde, hat Git einen steilen Aufstieg beschert. Viele, teils sehr große Projekte setzen heute Git ein und profitieren von der damit gewonnenen Flexibilität.

An wen richtet sich dieses Buch?

Das Buch wendet sich gleichermaßen an professionelle Softwareentwickler wie Anwender, die kleine Scripte, Webseiten oder andere Dokumente bearbeiten oder aktiv in die Arbeit bei einem (Open-Source-)Projekt einsteigen wollen. Es vermittelt grundlegende Techniken der Versionsverwaltung, führt in die Grundlagen von Git ein und erläutert alle wesentlichen Anwendungsfälle.

Arbeit, die Sie nicht mit einem Versionskontrollsystem verwalten, ist Arbeit, die Sie möglicherweise noch einmal machen müssen – sei es, weil Sie versehentlich eine Datei löschen oder Teile als obsolet betrachten, die Sie später doch wieder benötigen. Für jede Form produktiver Text- und Entwicklungsarbeit benötigen Sie ein Werkzeug, das Veränderungen an Dateien aufzeichnen und verwalten kann. Git ist flexibel, schnell und für kleine Projekte von Einzelpersonen genauso gut geeignet wie für umfangreiche Projekte mit Hunderten von Entwicklern wie z.B. den Linux-Kernel.

Entwickler, die bereits mit einem anderen Versionskontrollsystem arbeiten, können von einer Umstellung auf Git profitieren. Git ermöglicht eine wesentlich flexiblere Arbeitsweise und ist in vielen Belangen nicht so restriktiv wie vergleichbare Systeme. Es unterstützt echtes Merging und garantiert die Integrität der verwalteten Daten.

Auch Open-Source-Projekten bietet Git Vorteile, weil jeder Entwickler über sein eigenes Repository verfügt, was Streit um Commit-Rechte vorbeugt. Außerdem erleichtert Git Neulingen den Einstieg deutlich.

Auch wenn sich die vorgestellten Beispiele und Techniken größtenteils auf Quellcode beziehen, besteht kein grundlegender Unterschied zur Verwaltung von Dokumenten, die in LaTeX, HTML, AsciiDoc oder verwandten Formaten geschrieben sind.

Wie ist das Buch zu lesen?

[ch.intro] gibt einen kurzen Überblick: Wie initialisiert man ein Git-Repository und verwaltet Dateien darin? Außerdem werden die wichtigsten Konfigurationseinstellungen behandelt.

[ch.interna] behandelt zwei wesentliche Konzepte von Git: Den Index und das Objektmodell. Neben weiteren wichtigen Kommandos, die dort vorgestellt werden, ist das Verständnis dieser beiden Konzepte von großer Wichtigkeit für den sicheren Umgang mit Git.

In [chap.praxis] geht es um praktische Aspekte der Versionsverwaltung. Vor allem werden die in Git so zentralen Branches und Merges behandelt. Auch auf die Behebung von Merge-Konflikten wird detailliert eingegangen.

[ch.advanced] setzt sich mit fortgeschrittenen Konzepten auseinander, allen voran das Rebase-Kommando, ein unerlässliches Werkzeug für jeden Git-Profi. Es folgen weitere wichtige Kommandos, wie Blame, Stash und Bisect.

Erst [sec.verteiltes-git] beschäftigt sich mit den verteilten Aspekten von Git: Wie kann man Veränderungen zwischen Repositories austauschen, wie können Entwickler zusammenarbeiten? Das anschließende [sec.workflows] gibt außerdem einen Überblick zu Strategien, wie Sie Entwicklungsarbeit in einem Projekt koordinieren.

Wir empfehlen Ihnen, zumindest die ersten fünf Kapitel hintereinander zu lesen. Sie beschreiben alle wichtigen Konzepte und Techniken, um Git auch in großen Projekten sicher einzusetzen. Die nachfolgenden Kapitel können Sie, je nach Interesse und Bedarf, in beliebiger Reihenfolge lesen.

[ch.server] behandelt Installation und Wartung von Git-Diensten: zwei Web-basierte Repository-Browser und die Zugriffsverwaltung für gehostete Repositories mit Gitolite.

[ch.scripting] fasst diverse Aspekte der Automatisierung zusammen: Wie Sie Hooks und eigene Git-Kommandos schreiben und bei Bedarf die komplette Versionsgeschichte umschreiben.

Schließlich geht es in [sec.git-svn-cvs] um die Migration von anderen Systemen zu Git. Im Vordergrund steht hier die Konvertierung existierender Subversion-Repositories sowie die Möglichkeit, aus Git heraus mit Subversion zu sprechen.

Die Anhänge beschäftigen sich mit der Installation und der Integration von Git in die Shell. Ein Ausblick auf den Hosting-Service 'Github' sowie eine detaillierte Beschreibung der Struktur und Wartungsmechanismen eines Git-Repositorys liefern weitere Hintergrundinformationen.

Konventionen

Die Beispiele führen wir ausschließlich auf der Shell aus. Auch wenn einige Editoren und IDEs mittlerweile eine recht gelungene Git-Integration bieten und auch eine Vielzahl grafischer Frontends für Git existiert, sollten Sie doch zunächst die Grundlagen mit den echten Git-Kommandos erlernen.

Das Shell-Prompt ist ein einzelnes Dollar-Zeichen ($); Tastatureingaben sind halbfett gedruckt, also z.B. so:

$ git status

Um sich in der Shell schneller und besser zurechtzufinden, empfehlen wir dringend, die Shell um Git-Funktionalität zu erweitern, wie z.B. die Anzeige des Branches im Prompt (siehe dazu [sec.shell-integration]).

Sofern nicht anders vermerkt, beziehen wir uns auf Git in der Version 2.0. Die Beispiele laufen allesamt mit englischsprachigen Lokaleneinstellungen. Zwar gibt es seit 2012 für die Ausgabe-Texte der meisten Git-Kommandos auch deutsche Übersetzungen – diese klingen aber sehr gestelzt und sind aufgrund der Wortwahl häufig verwirrend. Außerdem finden Sie für originale, also englische Fehlermeldungen online schneller Hilfe.

Neu eingeführte Begriffe sind 'kursiv' gesetzt, teilweise mit deutscher Entsprechung in Klammern dahinter. Die meisten Git-spezifischen Termini verwenden wir im Original mit von der Übersetzung abgeleitetem Artikel, z.B. der Branch'' statt der Zweig''.

Installation und ``das Git-Repository''

Die Installation von Git beschreiben wir ausführlich in [sec.installation]. Einige Beispiele verwenden das Quell-Repository von Git, also das Repository, in dem Git aktiv entwickelt wird. In englischsprachiger Dokumentation heißt dieses Repository auch 'Git-via-Git' oder 'git.git'.

Nachdem Sie Git installiert haben, können Sie sich das Repository mit folgendem Befehl herunterladen:

$ git clone git://git.kernel.org/pub/scm/git/git.git

Der Vorgang dauert je nach Verbindungsgeschwindigkeit und Auslastung des Servers einige Minuten.

Dokumentation und Hilfe

Eine umfangreiche Dokumentation von Git liegt in Form vorinstallierter Man-Pages vor. Fast jedes Subkommando hat eine eigene Man-Page, die Sie auf drei äquivalente Weisen aufrufen können, hier z.B. für das Kommando git status:

$ git help status
$ git status --help
$ man git-status

Auf der Git-Webseite[1] finden Sie außerdem Links zum offiziellen Tutorial sowie zu anderen freien Dokumentationen.

Rund um Git hat sich eine große, lebhafte Community gebildet. Die Git-Mailingliste[2] ist Dreh- und Angelpunkt der Entwicklung: Dort werden Patches eingeschickt, Neuerungen diskutiert und auch Fragen zur Benutzung beantwortet. Allerdings ist die Liste, mit zuweilen über 100 teils sehr technischen E-Mails am Tag, nur eingeschränkt für Anfänger geeignet.

Das Git-Wiki[3] enthält neben Dokumentation auch eine umfangreiche Linksammlung der Tools, die auf Git basierenfootnote::[https://git.wiki.kernel.org/index.php/InterfacesFrontendsAndTools], sowie FAQs[4].

Alternativ bietet der IRC-Kanal #git im Freenode-Netzwerk einen Anlaufpunkt, Fragen loszuwerden, die nicht schon in den FAQs oder in der Dokumentation beantwortet wurden.

Umsteigern aus dem Subversion-Umfeld ist der 'Git-SVN Crash Course’[5] zu empfehlen, eine Gegenüberstellung von Git- und Subversion-Kommandos, mit der Sie Ihr Subversion-Wissen in die Git-Welt übertragen.

Außerdem sei auf 'Stack Overflow’[6] hingewiesen, eine Plattform von Programmierern für Programmierer, auf der technische Fragestellungen, u.a. zu Git, erörtert werden.

Downloads und Kontakt

Die Beispiel-Repositories der ersten beiden Kapitel sowie eine Sammlung aller längeren Scripte stehen unter http://gitbu.ch/ zum Download bereit.

Bei Anmerkungen kontaktieren Sie uns gerne per E-Mail unter einer der folgenden Adressen: [email protected], [email protected] bzw. [email protected].

Danksagungen

Zunächst gilt unser Dank allen Entwicklern und Maintainern des Git-Projekts sowie der Mailing-Liste und dem IRC-Kanal.

Vielen Dank an Sebastian Pipping und Frank Terbeck für Anmerkungen und Tipps. Besonders danken wir Holger Weiß für seine Durchsicht des Manuskripts und hilfreiche Ideen. Wir danken dem gesamten Open-Source-Press-Team für die gute und effiziente Zusammenarbeit.

Unser Dank gilt vor allem unseren Eltern, die uns stets unterstützt und gefördert haben.

Valentin Haenel und Julius Plenz – Berlin, Juni 2011

Vorwort zur 2. Auflage

Wir haben uns in der 2. Auflage darauf beschränkt, die Veränderungen in der Benutzung von Git, die bis Version 2.0 eingeführt wurden, behutsam aufzunehmen – tatsächlich sind heute viele Kommandos und Fehlermeldungen konsistenter, so dass dies an einigen Stellen einer wesentlichen Vereinfachung des Textes entspricht. Eingestreut finden sich, inspiriert von Fragen aus Git-Schulungen und unserer eigenen Erfahrung, neue Hinweise auf Probleme, Lösungsansätze und interessante Funktionalitäten.

Wir danken allen Einsendern von Korrekturen an der ersten Auflage: Philipp Hahn, Ralf Krüdewagen, Michael Prokop, Johannes Reinhold, Heiko Schlichting, Markus Weber.

Valentin Haenel und Julius Plenz – Berlin, September 2014

Vorwort zur CreativeCommons-Ausgabe

Der Verlag 'Open Source Press', der uns initial überzeugte, überhaupt dieses Buch zu schreiben und es die vergangenen Jahre über verlegte, hat zum 31.12.2015 den Betrieb eingestellt, und sämtliche Rechte an den veröffentlichten Texten an die Autoren zurückübertragen. Wir danken insbesondere Markus Wirtz für die immer gute und produktive Zusammenarbeit, die uns über viele Jahre verbunden hat.

Aufgrund hauptsächlich sehr positiven Feedbacks zu diesem Text haben wir uns entschieden, diesen unter einer CreativeCommons-Lizens frei verfügbar zu machen.

Valentin Haenel und Julius Plenz – Berlin/Sydney, Januar 2016